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Clavigo

von Johann Wolfgang Goethe

Clavigo: Ihre Schwester, Marie, ist ein Frauenzimmer voll Geist, Liebenswürdigkeit und Tugend.
Beaumarchais: Hat Sie Ihnen jemals seit Ihrem Umgange eine Gelegenheit gegeben, - sich über sie zu beklagen, oder sie geringer zu achten?
Clavigo: Nie! Niemals! 
Beaumarchais: Und warum, Ungeheuer! hattest du die Grausamkeit, das Mädchen zu Tode zu quälen? Nur weil dich ihr Herz zehn andern vorzog, die alle rechtschaffner und reicher waren als du.
Clavigo: Oh mein Herr! Wenn Sie wüssten, wie ich verhetzt worden bin, wie ich durch mancherlei Ratgeber und Umstände.
Beaumarchais: Genug!

Clavigo – jung, gutaussehend, vielversprechend – hat es durch Talent, Ehrgeiz und gute Kontakte ganz nach oben geschafft. Als einflussreicher Schriftsteller und Jungpolitiker verkehrt er in den besten Kreisen und hat glänzende Aussichten am spanischen Hof. Clavigos steiler Aufstieg hat allerdings ein Opfer gefordert: Seine Verlobung mit der französischen Emigrantin Marie Beaumarchais passte nicht mehr zu seinem neuen Leben. Aber Clavigo kann Marie nicht vergessen, ihn plagen Schuldgefühle und Zweifel. Als plötzlich Maries Bruder vor seiner Tür steht und droht, ihn öffentlich bloss zu stellen, kehrt Clavigo zu ihr zurück. Carlos, sein Freund und Förderer, ist aber nicht bereit, die Karriere seines Schützlings einer romantischen Spinnerei zu opfern und bringt Clavigo dazu, Marie zum zweiten Mal zu verlassen. Eine Tragödie bahnt sich an. 

Sind privates Glück und berufliche Verwirklichung, sind Liebe und Karriere vereinbar? Ist Clavigo ein Karrierist, der über Leichen geht, oder zerbricht er am Druck einer erfolgsorientierten Gesellschaft? Goethes junger Titelheld ringt mit der Unvereinbarkeit privater und öffentlicher Lebenswelten und wirkt dabei so lebensnah, als wäre dies eine Geschichte von heute.

Goethe schrieb das Stück im Jahre 1774 in nur acht Tagen nieder, atemlos, getrieben, ganz im Stil des Sturm und Drang. Inspiriert hatten ihn die soeben erschienenen Memoiren des von ihm bewunderten französischen Schriftstellers Pierre de Beaumarchais, der seine Schwester, die von einem spanischen Edelmann namens Clavigo verlassen wurde, zu rächen suchte. Aber auch in Goethes eigener Vergangenheit finden sich Spuren: Die aus Ehrgeiz verlassene Marie verweist auf seine Jugendliebschaft, Friederike Brion, die er nach der Verlobung überstürzt verliess.

Johann Wolfgang Goethe (geboren 1749 in Frankfurt am Main; gestorben 1832 in Weimar), gilt bis heute als bedeutendster deutscher Dichter, sein Werk wird zu den Höhepunkten der Weltliteratur gezählt. Zudem forschte und publizierte er auf verschiedenen naturwissenschaftlichen Gebieten. Ab 1776 bekleidete er am Weimarer Hof unterschiedliche politische und administrative Ämter. Goethes literarisches Werk umfasst Gedichte, Dramen (u.a. «Faust»), Romane (u.a. «Die Wahlverwandtschaften»), autobiografische, ästhetische, kunst- und literaturtheoretische sowie naturwissenschaftliche Schriften. Auch sein umfangreicher Briefwechsel ist von grosser literarischer Bedeutung. Goethe war ein Vorreiter und ein wichtiger Vertreter des Sturm und Drang. Sein Roman «Die Leiden des jungen Werther» machte ihn 1774 in ganz Europa berühmt. Später wandte er sich inhaltlich und formal den Idealen der Antike zu und wurde ab den 1790er Jahren, gemeinsam mit Friedrich Schiller, zum wichtigsten Vertreter der Weimarer Klassik. 

Die gebürtige Saarbrückerin Caro Thum war zwei Jahre lang Regieassistentin am Staatstheater Stuttgart und studierte Regie an der Hochschule für Musik und Theater in Zürich. Es folgten Projektarbeiten zu den Themen «Schicksal» und «Angst» am Vorstadttheater Basel und am Theater Basel. Weitere Regiearbeiten waren «Kabale und Liebe» am Theater Basel und zwei Inszenierungen im Rahmen des Autorenprojekts «Der Fremde ist nur in der Fremde fremd» am Stadttheater Bern. Caro Thum erarbeitete die deutschsprachigen Erstaufführungen von Dennis Kellys Stücken «DNA» am Staatstheater Mainz, «Kindersorgen» am Theater Basel und die deutsche Erstaufführung von «Waisen» am Staatstheater Nürnberg. Am Mainfrankentheater Würzburg inszenierte Caro Thum «Stoning Mary» von Debbi Tueher Green und zuletzt «Das Ende des Regens» von Andrew Bovell am Stadttheater Ingolstadt sowie Christa Wolfs «Kassandra» für die Theater und Philharmonie Thüringen.

Mit:

Manuel Bürgin (Clavigo), Vera Bommer (Marie Beaumarchais), Pit Arne Pietz (Beaumarchais), Andreas Storm (Carlos), Brencis Udris (Buenco), Miriam Wagner (Sophie Beaumarchais)

Regie

Caro Thum

Bühne und Kostüme

Stella Kasparek

Premiere

14.11.2013

Spieldauer

ca. 75 Minuten. Keine Pause.

Pressezitate

«Schneller kann man Goethe nicht machen. Und vielleicht auch nicht besser.» Der Landbote

«Ein grosses Spiel. Hinreissend, mitreissend, diese Vorstellung.» Der Landbote