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Endstation Sehnsucht

von Tennessee Williams

Deutsch von Helmar Harald Fischer

Blanche
Er isst wie ein Tier, er bewegt sich wie ein Tier, er hat etwas Untermenschliches! Ja – etwas Affenartiges! Tausende und tausende von Jahren der Entwicklung sind an ihm vorübergegangen, wirkungslos – und da ist er nun, Stanley Kowalski, ein Überlebender aus der Steinzeit!

«Elysische Gefilde» lautet die Adresse einer Zweizimmerwohnung in einem heruntergekommenen Stadtteil von New Orleans. Bewohnt wird sie von Stanley Kowalski, einem polnischen Einwanderer und seiner Frau Stella, die aus einer alten Südstaaten-Familie stammt. Die Ehe der beiden wird durch eine starke erotische Anziehung zusammengehalten, die sich aber mit dem plötzlichen Auftauchen von Stellas Schwester Blanche als konfliktanfällig erweist. Blanche erscheint im proletarischen Milieu, das von Stanley und seinen Pokerfreunden geprägt wird, wie eine verblühende exotische Blume, die den Duft längst vergangener Zeiten verströmt. Sie kann den Verlust der aus Geldnot verkauften Familienplantage Belle Rêve nicht verwinden und geht Stanley auf die Nerven mit ihrem ständigen Bemühen, in der engen Wohnung der Kowalskis den Lebensstil des alten Südens einzuführen. In der brütenden Hitze eskaliert der Konflikt. Brutal entlarvt Stanley Blanche als alkoholabhängige Nymphomanin, die in ihrer Heimatstadt den Job als Lehrerin verloren hat. Die Strassenbahn namens «Sehnsucht», deren Geräusche den Rhythmus des Stückes bilden, ist an der Endstation angekommen, und Williams Figuren entfernen sich nach dem Aussteigen in unterschiedliche Richtungen.

Tennessee Williams wusste bis kurz vor Fertigstellung des Stücks nicht, wie er es nennen sollte. Er erinnerte sich dann an die «desire line», eine in den frühen fünfziger Jahren aufgegebene Strassenbahnlinie in New Orleans, deren Endstation sich «desire» (dt. «Verlangen, Sehnsucht») nannte. Das gefiel ihm so gut, dass er das Stück nach der Strassenbahnlinie benannte. Der Originaltitel lautet: «A Streetcar Named Desire». Mit der Rolle des Stanley Kowalski, den er zunächst im Theater auf dem Broadway spielte, begründete Marlon Brando anlässlich der kongenialen Verfilmung von Elia Kazan (1951, mit Vivien Leigh als Blanche) seinen Weltruhm. 

Tennessee Williams, eigentlich Thomas Lanier Williams III, geboren 1911 in Columbus, Mississippi; gestorben 1983 in New York City, erhielt den Spitznamen «Tennessee» von Collegefreunden an der University of Missouri, weil er den im Bundesstaat Tennessee verbreiteten Akzent sprach. 1944 führte das in Hollywood zunächst abgelehnte Script für «Die Glasmenagerie» in Chicago zu Williams’ erstem Bühnenerfolg. Das Stück «Die tätowierte Rose», seinem Lebensgefährten Frank Merlo gewidmet, erhielt den Tony Award als bestes Schauspiel. Kritiker definierten den Stil seiner Schauspiele als «Southern Gothic», 1948 und 1955 wurde Williams für seine Stücke «Endstation Sehnsucht» und «Die Katze auf dem heissen Blechdach» mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet.

Barbara-David Brüesch, geboren in Chur, studierte Regie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. Seit 2001 Inszenierungen an verschiedenen Häusern im In- und Ausland. In Deutschland u. a. am Staatstheater Mainz, am Staatstheater Stuttgart. In Österreich am Schauspielhaus Graz, sowie mehrfach am Schauspielhaus Wien, in Koproduktionen mit den Wiener Festwochen, den Bregenzer Festspielen und der Ruhrtriennale. In der Schweiz u.a. in Bern, St. Gallen, Chur und Luzern sowie für die Schlossoper Haldenstein. Am Theater Kanton Zürich inszenierte sie «Kabale und Liebe», «Die Möwe», «Nora oder Ein Puppenhaus » und «Supergute Tage». Im Frühjahr 2015 inszenierte sie «Romeo und Julia» am Theater Basel. Zuletzt war ihre Inszenierung von Johann Strauss' «Die Fledermaus» an der Schlossoper Haldenstein in Chur zu sehen.

Mit:

Nicolas Batthyany, Katharina von Bock, Patrick Boinet, Vivien Bullert, Janos von Kwiatkowski, Nils Torpus, Miriam Wagner, Yannick Weber

Regie

Barbara-David Brüesch

Bühne

Corinne L. Rusch

Kostüme

Heidi Walter

Video

Patrick Hunka, Christian Müller

Premiere

22.10.2015

Spieldauer

ca. 1 Stunde 50 Minuten. Keine Pause.

Koproduktion mit:

Trailer zum Stück

Pressezitate

«Eine grandiose Adaption.» Der Landbote

«Zwischen Blanche und Mitch tut sich ein Abgrund auf, so tief, dass einem schwindlig werden könnte. Schwindlig wird den beiden bei ihrem auf Rollschuhen ausgeführten Pas de deux. Es ist ein hinreißender Tanz um die Unmöglichkeit, sich von seiner besten Seite zu zeigen, ohne lügen zu müssen.» Nachtkritik

«Von Bock spielt grosse Gefühle und grosse Wunden, sie spielt um ihr Leben». NZZ